Nicht für alle wird es Weihnachten – Armutsflüchtlinge in Köln
In Köln, in der Bergisch Gladbacher Str. unmittelbar am Ende der Keupstr. wohnen derzeit ca. 23 Menschen auf engstem Raum zusammen. Es sind Menschen, die aus Bulgarien kommen, sogenannte Armutsflüchtlinge, die keine Wohnung haben und im Rahmen der sogenannten EU-Freizügigkeitsregelung versuchen, hier bei uns Arbeit und Auskommen zu finden. Es ist auch ein Deutscher darunter, der Hartz IV erhält, und ebenfalls schon seit Jahren versucht, eine bessere Wohnung und Arbeit zu finden. Der Vermieter ließ das Haus über Jahre verwahrlosen, stellt seit Monaten weder Strom, Heizung, noch Müllabfuhr zur Verfügung – das Haus wurde zum sogenannten „Problemhaus“. Nun will er die Schuld auf die Bewohner abwälzen und diese zwecks Kernsanierung einfach rausschmeißen. So nicht !
Möchtegern Miethai Johannes Bücker
Eigentümer des Hauses ist Johannes Bücker. Der kam vor ein paar Jahren offenbar auf die Idee, mit „seinem Eigentum“ mal so einen ordentlichen Reibach zu machen. Vor dem Hintergrund der Kölner Wohnungsnot dachte er sich ein paar satte Preise aus, für die er seinen Wohnraum anbot.
Das Klientel, das aus Not heraus bereit war, z.B. für 9 qm 480 Euro (warm, inkl. Strom und Nebenkosten) zu zahlen, fand er in den Armutsflüchtlingen, die – vielfach mit Kindern – auf dem normalen Wohnungsmarkt überhaupt gar keine Chancen hatten. Das versprach satte Gewinne, und weil Herr Bücker clever war, versuchte er – der „freie Markt“ macht’s möglich – gleich alle Eventualitäten mit einzuplanen, die ihm sein schönes Geschäft versauen oder zu einem noch besseren Schnitt verhelfen könnten. Beispielsweise erhielten alle Mieter nur einen „Wohnplatz – Mietvertrag, möbliert“, in den er neben den üblichen Dingen wir Miethöhe, Kaution u.a. auch folgendes Passus mit eintrug:
(7) … Insbesondere ist nicht gestattet, Dritte in das Zimmer – ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Vermieters – aufzunehmen. Bei Zustimmung des Vermieters ist pro Übernachtung ein Betrag von € 5 als Kostenbeitrag zu zahlen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung berechtigt den Vermieter nach einmaliger Abmahnung, im Wiederholungsfall zur fristlosen Kündigung.
(8) Bei einem Mietrückstand von 2 Monatsmieten erklärt sich der Mieter schon jetzt mit der sofortigen Zwangsräumung der Wohnung einverstanden, sofern er nicht selbst ausgezogen ist.
Frei nach dem Motto, was scheren mich menschliche Schicksale? Wenn einer nicht zahlen kann? Zack, weg damit – der Nächste Bitte!
So war der Plan, aber es kam alles ganz anders. Mit seinen Pflichten als Eigentümer nahm Herr Bücker es nämlich nicht so genau, so dass die Nebenkosten für das Haus nicht abgeführt wurden und nach und nach erst die Heizung nicht mehr ging, die Müllabfuhr das Haus nicht mehr anfuhr, der Strom abgestellt wurde und zu allem Überfluss, als Wasserleitungen kaputt gingen und Wasser in den Flur siffte, auch solche Schäden nicht behoben wurden.
Irgendwann zahlten die Mieter wegen dieser Zustände keine Miete mehr. In leere Zimmer zogen andere ein, die sonst hätten unter der Brücke schlafen müssen.
Ordnungsrechtliche Schritte der Stadt gegen den Vermieter
Bei der Stadt ist das Thema seit längerem bekannt. Sie setzte Herrn Bücker mehrfach Fristen, um für einen ordnungsgemäßen Zustand im Haus zu sorgen. Als er diese konsequent und reaktionslos verstreichen ließ, leitete sie ein ordnungsrechtliches Verfahren gegen ihn ein. Mit diesem soll das Haus für unbewohnbar erklärt werden. Für die Bewohner des Hauses würde das den Verlust ihrer zwar menschenunwürdigen, aber immer noch überdachten Bleibe bedeuten, da sie kaum eine Aussicht haben, auf dem normalen Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden.
Initiative Bergisch Gladbacher Str.
Wir, ein paar Leute, die schon aus anderen Zusammenhängen heraus mit Armutsflüchtlingen zu tun hatten und wissen, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben (Verweigerung von Anmeldung, Verweigerung der Gewerbeerlaubnis, Schikanen durch Polizei und Behörden, etc.) sind auf die Bewohner zugegangen und haben ihnen unsere Hilfe angeboten, um gemeinsam mit ihnen für ihre Rechte zu kämpfen. Mittlerweile haben die Bewohner selber den Müll abtransportiert, den Keller leer geräumt, der voller Sperrmüll stand und angefangen, zumindest die notdürftigsten Reparaturen vorzunehmen. Sie wollen die Elektroinstallation reparieren, für Heizmöglichkeiten sorgen und anderes mehr, wobei wir sie unterstützen werden.
Während die Bewohner des Hauses um ihre Existenzberechtigung kämpfen, arbeitet die Zeit aber gegen sie. Da sich das Unbewohnbarkeitsverfahren nicht so entwickelt, wie die Stadt gehofft hat, hat sie mit Herrn Bückers einen Deal vereinbart: Wenn er das Haus renoviert, sei sie bereit, auf ihre Forderungen gegen ihn, die sich mittlerweile auf 141.000 (!) Euro belaufen soll, zu verzichten!
Herr Bücker fasste daraufhin den neuen Plan, das Haus zu renovieren, um es anschließend für 500.000 Euro zu verkaufen! Am 27.11 tauchte er dort mit diversen Handwerkern und Begleitern auf und erzählte, er werde den Strom anschließen. Die Bewohner müssten „deshalb am Montag alle raus sein“.
Erster Räumungsversuch am 1.12.2014 verhindert
Am 1.12.2014 kam Eigentümer Bücker gegen 8 Uhr mit zwei Handwerkern vorbei. Er wollte „alle ohne Mietvertrag raussetzen“, damit mit der Sanierung begonnen werden kann. Er hat auch gleich eine Wohnungstür im Erdgeschoss ausgehängt. Diese wurde von zahlreichen anwesenden Unterstützern sofort wieder eingesetzt. Die von Herrn Bücker gerufene Polizei zog wieder ab, da unsere Anwälte darauf bestanden, dass auch er als Eigentümer nicht in Gutsherrenmanier Leute vor die Tür setzen darf.
In dem Haus leben Familien mit gültigen Mietverträgen, die auch ein Herr Bücker ohne gerichtlichen Räumungstitel nicht einfach auf die Straße setzen kann. Für den Fall, dass Herr Bücker erneut eigenmächtig, mit welchen Mitteln auch immer, das Haus „räumen lassen will“, werden wir dies wieder verhindern.
Mit den Familien und Mietern werden wir weiterhin dafür kämpfen, dass sie menschenwürdig wohnen können, auch wenn es die Schwächsten der Gesellschaft sind. Die Tatsache, dass sie „Armutsflüchtlinge“ sind, ist nicht ihr Verbrechen, sondern das Ergebnis einer menschenverachtenden EU-Politik, die uns alle trifft die und immer mehr Menschen in Kriege, Armut und Elend treibt.
Wir fordern alle auf, einzugreifen und die Bewohner mit zu unterstützen!
Von der Stadt erfuhren wir übrigens, dass Herr Bücker „mehrere solcher Häuser hat“. Es handelt sich also scheinbar hier um sein „Geschäftsmodell“.
ViSdP: Initiative „Wohnraum-für-Alle“, Ludolf-Camphausen Str. 36, 50672 Köln