Ist die Moral im Keller? Das fragten knapp 20 Aktionisten der Sozialen Kampfbaustelle am Samstagabend, den 13.09.2014, sowohl Publikum als auch Verantwortliche des freien Theaters in der Kleingedankstraße in Köln und trafen offenbar einen schmerzhaften Nerv.
Um 20:00 Uhr begann die Jubiläumsveranstaltung der Schaupielschule des Hauses zum immerhin 60.Geburtstag. Folglich traf man auf zahlreiche Freunde und Förderer des Theaters. Bereits um 19:00 Uhr postierten sich kritische Gratulanten, mit Theatermasken auf dem Gesicht, vor dem Gebäude. Sie übergaben ein Positionspapier der KEAs und suchten das Gespräch bzw. die Auseinandersetzung.
Die Personaldienstleistung zur Vermittlung von billigsten Arbeitskräften erfolgt vom Maßnahmeträger Eva. Und nicht nur das Theater der Keller nutzte bisher das günstige Angebot. Wir kritisieren, dass ausgerechnet Theater der freien Szene, den Stellenpool solcher unmöglichen Beschäftigungsmodelle bedienen und somit aktive Stütze des Systems Hartz IV sind. Und dies offenbar völlig gedankenlos.
Intendant Heinz Simon Keller, der sich offensiv der Diskussion auf der Straße stellte, versuchte mit der Geldnot seines Hauses zu argumentieren und auch mit der vermeintlichen Wohltat gegenüber Menschen ohne festen Job. Als Positionierung reicht uns das nicht und wenn das Theater damit droht – wie gestern während des Gesprächs geschehen -, ohne 1-Euro-Jobber das Haus gar schließen zu müssen, dann warnen wir vor unüberlegten Argumentationen. 1-Euro-Jobs müssen der Kategorie „zusätzlich“ entsprechen und dürfen keine regulären Jobs oder notwendige Maßnahmen kompensieren. Sonst wären sie ohnehin illegal.
Wir möchten dem Haus Gelegenheit geben, sich darüber Gedanken zu machen. Das kann auch zum Ergebnis haben, dass Träger und Förderverein sich klar zu 1-Euro-Jobs und somit klar zu Hartz IV bekennen. Auf ein solches Bekenntnis wären wir gespannt, eine andere Schlagzeile wäre uns freilich lieber. (Und bitte haltet die Kunst dabei raus!)
Das übergebene Positionspapier
Positionspapier gegen 1-Euro-Jobs
Mit Hartz IV wurden – gegen massive Proteste – die sogenannten 1-Euro-Jobs gesetzlich eingeführt.
Es handelt sich hierbei um Arbeitsverpflichtungen ohne Arbeitsvertrag, ohne Mitbestimmungsrechte, ohne gewerkschaftliche Vertretung und ohne Tarifverträge. Anstatt eines Lohns wird eine so genannte „Mehraufwandsentschädigung“ gezahlt.
Die KEAs vertreten hierzu folgende Position:
- 1-Euro-Jobs sind arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Unsinn. Von ihnen ist weder eine Senkung der realen Erwerbslosigkeit zu erwarten noch eine bemerkenswerte Erhöhung der Vermittlungschancen. Es handelt sich um eine gigantische Verschwendung von Steuermitteln, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnten.
- 1-Euro-Jobs sind Zwangsdienste! Bei Verweigerung oder „mangelnder Kooperation“ durch die Betroffenen gibt es erhebliche Leistungskürzungen bei der Grundsicherung, die ein menschenwürdiges Leben erst recht unmöglich machen.
- 1-Euro-Jobs verdrängen reguläre Beschäftigung bzw. treten zu ihr in Konkurrenz, führen also zu MEHR Arbeitslosigkeit, entwerten das Ansehen erlernbarer Berufe und drücken das Lohnniveau.
- 1-Euro-Jobs sind nicht geeignet, qualitativ hohe Dienstleistungen zu gewährleisten. Die „JobberInnen“ sind im Spannungsfeld zwischen Arbeitszwang und mieser Bezahlung zu Recht unzufrieden und selten entsprechend ihrer Aufgaben beruflich ausgebildet.
- 1-Euro-Jobs sind zusammenfassend ein diskriminierendes „Erziehungs-Instrument“, das vorgibt, Menschen für einen Arbeitsmarkt „fit zu machen“, der als solches längst nicht mehr existiert. Darüber hinaus sind sie ein wirtschaftspolitischer Hebel zur Niedriglohn- und Mehr-Klassen-Gesellschaft.
Wir lehnen die 1-Euro-Jobs deshalb entschieden ab !